Chronik
Chronik 1878 - 1928
In Krefeld kannte man schon im Jahre 1828 den Karneval, denn aus einer Verordnung dieses Jahres geht hervor, dass Maskierte mit und ohne Maske auf den Straßen eine Karte sichtbar zu tragen habe. Diese Karte musste gegen Zahlung von 5 Silbergroschen bei der allgemeinen Armenanstalt erworben werden; das Geld war zum Besten der Armen bestimmt. Dieses Herumziehen von Peijassen, die singend und grölend durch die Straßen zogen, hat sich sehr lange gehalten. Veranstaltungen einzelner Vereine fanden als geschlossenen Gesellschaft statt und nur Mitglieder hatten Zutritt. Dann schlief der Karneval wieder ein, flackerte zwischendurch mal wieder auf und dann wurde es immer stiller. Erst nach dem Krieg von 1870 / 71 fing es ganz langsam wieder an, bis dann im Jahre 1878 mehrere Krefelder Bürger eine Gesellschaft gründeten. Da es noch keine offizielle Karnevalsgesellschaft gab, verzichtete man auf einen Namen und wies in der Bezeichnung lediglich aufs Gründungsjahr hin. Die Gesellschaft nannte sich „ Große Karnevals Gesellschaft Krefeld 1878 „. Im Laufe der Jahre hat sich hieraus die in Krefeld bekannte Abkürzung „78er" ergeben. Die Gesellschaft hatte die Farben blau-weiß als Emblem den Narrenkopf und als Motto „Allen Wohl - Niemand Weh" gewählt. Farben, Emblem und Motto blieben bis zum heutigen Tage unverändert.
Bei der Gründung hatten es sich die Mitglieder unter dem gewählten Vorsitzenden und Präsidenten Jean Borgs zur Aufgabe gemacht, in jedem Jahre einige karnevalistische Veranstaltungen zum Besten der Krefelder Armen und Weisenhäuser aufziehen. Diese Veranstaltungen fanden meist intern statt und wurden bei Brüren auf der Rheinstraße veranstaltet. Waren diese Veranstaltungen anfangs noch kleiner, so wurden sie bald größer und wurden in der Stadthalle aufgezogen. Die „Crefelder Zeitung"„ berichtete im Jahre 1882 von der ersten großen Damensitzung im großen Saale der Stadthalle am Sonntag, dem 15.Januar 1882 unter dem Präsidenten Jean Borgs. Diese Sitzung war so gut besucht, dass Hunderte keinen Einlaß mehr fanden. Die Vorträge waren „staats- und kommunalpolitisch so gut" dass alle Festlichkeiten dieser Session überfüllt waren und die große neue Stadthalle sich als zu klein erwies. Es kam mit einem Schlage wieder Leben in den gesamten Krefelder Karneval.
Da die GKGK 1878 den gesamten Überschuss der Stadt Krefeld für wohltätige Zwecke übergab, konnte der Präsident Borgs im Jahre 1884 dem Oberbürgermeister und Landrat auf einer Sitzung in der Stadthalle die erfreuliche Mitteilung machen, dass die Gesellschaft schon 10.000 Mark der Städtischen Armenkasse übergeben habe.
Im Jahre 1897 fand dann der erste Rosenmontagszug statt. Die Kritik über den ersten Zug am 2 März 1897 in der „Crefelder Zeitung" war nicht besonders gut. Man spricht von einem bunten Tross, der keinen Regen vertragen konnte. Man möchte doch im nächsten Jahre für bessere Leitung und mehr Geld sorgen. In derselben Zeitung war zu lesen u.a. von der „Großen Karnevalsgesellschaft" von einer überfüllten Stadthalle und der Gediegenheit des Festes. Die Zeitung knüpft daran die Bitte, die „Große" möge doch die Leitung des Rosenmontagszuges im nächsten Jahr übernehmen, dann wäre die Gewähr gegeben, etwas Würdiges für Krefeld zu schaffen.
Der große Aufschwung, der von der Großen Karnevalsgesellschaft 1878 ausging, zeigte sich auch bei den anderen Karnevalsveranstaltungen: Männergesangsverein, Typographia, Crefelder Männerchor und noch viele kleine und größere Vereine hatten wieder Mut. Keiner konnte aber dem „Stern am Fastnachtshimmel der GKGK 1878" den Glanz trüben.
Bei dem 10. Karnevalsfest in der Stadthalle im Jahre 1897 hatte man sogar zwei Militärkapellen nach Krefeld geholt, die für die gute und schmissige Musik sorgten. Als Eintritt zahlte man damals immerhin schon für Herren 3 Mark und für Damen 2 Mark. Die Gesellschaft hatte bis dato 20.000 Mark für Arme aufgebracht. Gewiss ein erfreuliches Zeichen, die Freude mit dem WOHLTUN zu verbinden. In diesem Rahmen bewegte sich der Krefelder Karneval fast zehn Jahre lang. Wenn auch die größeren und kleineren Vereine Sitzungen und Bälle veranstalteten, so blieb sie doch weit hinter den Festlichkeiten der Großen Karnevalsgesellschaft Krefeld 1878 zurück. Außer der großen Sitzung in der Stadthalle waren wohl die Hauptfestlichkeiten an den Fastnachtstagen. Sie wickelten sich immer in derselben Reihenfolge ab. Samstags die „Lidertafel", Sonntags der „Männergesangsverein", Montags „die A.G. Stadthalle", Dienstags mit dem größten Zuspruch und Kassenerfolg die Große Karnevalsgesellschaft. Nach dieser Zeit hatten die „78er" schon 40.000 Mark als Überschuss an die Armenkasse überwiesen.
Dann erkrankte leider der so überaus rührige Präsident Jean Borgs so schwer, dass der 2 Präsident, August Gerber, der schon viel Jahre als der beste Büttenredner und Liederdichter bei der Bürgerschaft beliebt und geachtet war, die Leitung übernahm und in gleicher Weise fortführte.
Die Große Karnevalsgesellschaft 1878 hielt auch bis nach der Jahrhundertwende wieder mehrere Sitzungen und Fastnachtsdienstag das Schlussfest ab. Alle Veranstaltungen waren ausverkauft. Von den Überschüssen hatte die Gesellschaft in den 22 Jahren ihres Bestehens schon 50.000 Mark für wohltätige Zwecke abgeführt.
Im Jahre 1901 verlegte die GKGK 1878 ihr Schlussfest auf den Rosenmontag. Als Prinz hatte man in diesem Jahre den Wirt Anton Wischer, Inhaber des Lokals Büren, Rheinstraße, gewonnen. In diesem Lokal hatten die „78er" schon viele Jahre ihr Vereinsheim.
So gingen die Jahre dahin und als 1914 der Krieg ausbrach, musste jede Arbeit auf karnevalistischem Gebiet - wie auch im übrigen Vereinsleben - eingestellt werden. Hatte man anfangs geglaubt, dieser Krieg sei bald zu Ende, so wurden schließlich Jahre daraus.
Bei Kriegsende wurde von der Besatzungsmacht jede Karnevalistische Betätigung untersagt. Die „78er" sammelten aber doch wieder ihre Mannen. Manch treuer Freund war draußen geblieben. Zunächst wurden nur Versammlungen abgehalten und eine Bestandsaufnahme gemacht. Als dann die Session 1919 / 20 näherrückte, wurde geknobelt und dann unter der Bezeichnung „Bunter Abend" eine geschlossene Veranstaltung durchgeführt, bei der nur der erste Teil noch vorsichtshalber einem bunten Abend glich; im zweiten Teil zog der Elferrat auf und eine richtige Sitzung rollte ab. Erst allmählich konnte sich das Vereinsleben wieder entfalten, aber es musste alles neu aufgebaut werden. Die gute alte Zeit war gründlich vorbei. Schon bis Kriegsausbruch waren viele „Täukes" aus den Häusern verschwunden. Jetzt fand man kaum noch eins. Die „Si-e.wäwer" hatten ihren Arbeitsplatz, den sie daheim inne hatten, mit einem solchen in die Fabrik vertauscht. Das heute zum geflügelten Wort gewordene Tempo der Zeit tauchte erstmals auf und es schien, als ob die alte Gemütlichkeit und damit Frohsinn und Humor für immer dahin seien. Doch die Krefelder hatten allem zum Trotz ihren Humor nicht verloren.
Im Jahre 1924 nahm Adolf Prechtel die „78er" unter seine Fittiche und ließ für die Gesellschaft ein neues Zeitalter anbrechen. Er war es auch, der die Gesellschaft erweiterte und die bis zum letzten Kriege bestehende historische blau - weiß „Linnergarde" und die blau - weiß „Ehrengarde" gründete. Glanzvolle rauschende Feste sah die Stadthalle, das Hansahaus und viele andere Säle. Auswärtige Besuche und Einladungen schafften der Gesellschaft neue Freunde und Anhänger. Nachdem Adolf Prechtel der Gesellschaft den ihr gebührenden Platz in der Reihe der Krefelder Karnevalsgesellschaften eingeräumt hatte, behielt er nur noch die Geschäftführung und gab das Präsidium an seinen Nachfolger Karl Braun ab. Nun folgten Jahre ausgefüllt mit reichlicher Arbeit, galt es doch im Jahre 1928 das „ 50-jährige „ zu feiern. In diesem Jahr stellten die „78er" einen Prinz aus ihren Reihen, den Bäcker- und Konditormeister Johannes Hauptmanns vom Ostwall. Wer von den alten Anhängern der „78er" sich diesen Zeiten noch erinnert wird eingestehen, dass er etwas Prunkvolleres seither nicht mehr gesehen hat. In dieser großen II. Jubelsitzung am 5.2.1928 in der „Stadthalle" wurde auch eine neue Standarte geweiht. In dem noch im Karnevalsarchiv vorliegenden Liederbuch dieser Sitzung finden wir den Jubiläumsbüttenmarsch abgedruckt.